Vier Fragen an die Toni-Pfülf-Preisträgerin Iris Berben

22. November 2015

"Es wird wieder mit Ängsten gespielt"

Frau Berben, Sie können Sich vor Angeboten für alle möglichen Auszeichnungen kaum retten, was hat sie bewegt, diesen Preis anzunehmen?

IB: Nachdem ich gelesen hatte, wer Toni Pfülf war, wofür sie stand und gekämpft hat als Frau in der Weimarer Republik, war mir klar: Das ist jemand, den man unbedingt kennen muss. Gleiches gilt für die Thematik von Elisabeth Selbert. Die kennt auch kaum jemand, obwohl das gar nicht so lange her ist. Wir partizipieren aber immer noch von diesem wunderbaren Satz, den sie in das Grundgesetz reinkatapultiert hat mit sehr viel Mühe: ‚Männer und Frauen sind gleichberechtigt‘. Da habe ich mir gedacht: Schön, dass ich durch zwei solche Namen und durch meine Rolle der Elisabeth Selbert zu dieser Auszeichnung komme. Als Toni-Pfülf-Preisträgerin kann ich an die Leistungen der beiden Frauen erinnern. Dafür sind Preise da und deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass die SPD mich ausgewählt hat.

Lassen Sie uns über Elisabeth Selbert reden, was haben Sie in der Vorbereitung auf die Rolle von dieser Frau gelernt?

IB: Ich habe von ihr gelernt, wie stoisch man sein muss, wenn man von einer Idee überzeugt ist wie es Elisabeth Selbert war, vor allem damals in einer von Männern beherrschten Welt. Ich habe gelernt, dass man sich nicht einwickeln lassen darf. Und: Man muss versuchen, wenn man etwas durchsetzen will, sich möglichst viele Komplizinnen und Komplizen zu schaffen.

Der Film gibt dem Zuschauer Gefühl: Es ist geschafft! Inwieweit haben wir im Jahre 2015 die Gleichberechtigung tatsächlich geschafft?

IB: Wir haben immer noch zu wenig Chancengleichheit, immer noch zu wenig Gleichstellung, immer noch keine Entgeltgleichheit und, und, und. Wir beschäftigen uns leider immer noch mit der Quotenfrage, von der ich dachte, die brauchen wir nicht, wir sind weiter. Umso ärgerlicher ist, dass es anscheinend nicht ohne Quote geht, dass wir uns über die Quote unsere Rechte holen müssen.

Sie engagieren sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Welches Schlüsselerlebnis treibt Sie an?

IB: Ich komme aus einer Zeit, wo in der Schule nicht über das Dritte Reich gesprochen wurde. Es herrschte Sprachlosigkeit. Meine geschichtlichen Lehrjahre hatte ich außerhalb der Schule früh in Israel. Da habe ich gelernt: Wir müssen als Teil dieser Gesellschaft unsere Geschichte kennen und Lehren daraus ziehen. Das hat mich geprägt. Die Geschichte zu kennen bedeutet in der heutigen Zeit, den rechten Menschenfängern nicht auf den Leim zu gehen. Wenn wir uns heute umschauen, dann sind die Mechanismen der NS-Zeit alle wieder da. Es wird wieder mit Ängsten gespielt, mit den Unsicherheiten der Menschen. All das ist Grund und Antrieb genug, Haltung zu zeigen. Und laut zu werden! Diejenigen, die Flüchtlingsheime anstecken, die rechten Aggressoren, die müssen Angst haben, nicht die anderen.

Das komplette Interview mit Iris Berben steht im Bayernteil der kommenden Ausgabe des Vorwärts, der Anfang Dezember erscheint.