Ude und Nida-Rümelin wollen eine „Kulturstiftung Bayern“ gründen – Förderung von Aktivitäten außerhalb der großen Kunstinstitutionen und Metropolen als Ziel

23. Juli 2013

SPD-Ministerpräsidentenkandidat Christian Ude und sein kulturpolitischer Berater Julian Nida-Rümelin wollen eine Kulturstiftung für Bayern ins Leben rufen, um Aktivitäten außerhalb der großen Kunstinstitutionen und Metropolen besser zu fördern. Am Dienstag stellten sie ihr Konzept für die Stärkung von Kunst und Kultur in der Fläche des Freistaats vor.

__Christian Ude_ betont: "Julian Nida-Rümelin hat es bereits als Kulturstaatsminister in der Bundesregierung geschafft, eine großartige Kulturstiftung zu gründen, deren Verdienste heute von niemandem mehr in Zweifel gezogen werden. Bayern ist zwar ein Staat mit reichem kulturellem Erbe und vielen kulturellen Highlights in den Städten, aber es fehlt an Förderung zeitgenössischer Kunst und aktueller Projekte, vor allem außerhalb der Metropolen."

Julian Nida-Rümelin erläutert: „Es geht um ein zeitgemäßes, staatsfernes und flexibles Instrument der Kulturförderung, das Künstlerinnen und Künstler und ihre Projekte unabhängig davon fördert, wo sie wohnen und ob sie mit einem großem Haus verbunden sind. Damit reparieren wir den Zentralismus und die Staatsnähe der CSU-Kulturpolitik der vergangenen Jahrzehnte."

Hier das von Julian Nida-Rümelin erarbeitete Konzept im Detail:

Eine Kulturstiftung für Bayern

Die Kulturpolitik der CSU in Bayern hatte von jeher eine oberbayerische Schlagseite und war und ist sehr stark auf die Landeshauptstadt München orientiert. In zweiter Linie sind es dann die städtischen Metropolen, wie Nürnberg, Bayreuth oder Regensburg, auf die sich die bayerische Kulturförderung konzentriert. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht zum Nachteil weiter Regionen des Freistaates. Uns geht es nicht darum das Land gegen die Stadt auszuspielen und es liegt auf der Hand, dass Opernhäuser, Philharmonien und große Museen in größeren Städten das beste Umfeld haben. Aber die Kunstszene, die Künstlerinnen selbst, aber auch die Bürgerinnen mit kulturellen Interessen leben in allen Teilen Bayerns, rund die Hälfte von ihnen in ländlichen Regionen und kleineren Ortschaften.

Es gibt ein zweites Defizit der CSU-Kulturpolitik: Sie fördert ganz überwiegend das Althergebrachte. Kritiker sprechen von einer Tendenz zur Museealisierung, während die zeitgenössische Kunstpraxis weniger Beachtung findet. Die Künstler und Künstlerinnen und deren Verbände beklagen die Kurzatmigkeit ihrer Förderung und die unzureichende Beachtung der Existenzbedingungen zeitgenössischer Kunst.

Beiden Defiziten wollen wir mit der Gründung einer Kulturstiftung Bayern entgegen treten: Diese Kulturstiftung soll nach dem Muster der Kulturstiftung des Bundes, die ich als Kulturstaatsminister initiiert und gegen massive politische Widerstände durchgesetzt habe, gestaltet werden. Die Kulturstiftung des Bundes ist heute die größte Kulturstiftung Europas, und obwohl sie anfangs auf heftigen Widerstand der unionsgeführten Landesregierungen stieß, ist sie unterdessen hoch respektiert und ihr Wirken wird von keiner Seite mehr in Frage gestellt.

Während die verfassungsmäßige Rolle des Bundes allerdings im Bereich der Kultur sich auf die gesamtstaatliche Repräsentation, insbesondere in Berlin und die auswärtige Kulturpolitik zu beschränken hat und nur in Ausnahmefällen inländische Kulturprojekte fördern kann, ist es genuine Aufgabe der Bundesländer die Kulturförderung im Land zu gestalten. Eine Kulturstiftung des Landes Bayern ist dafür komplementär zur institutionellen Förderung zu verstehen, nicht als deren Ersatz, und bietet dafür ein effektives und innovatives Instrumentarium.

Die bayerische Kulturstiftung soll eine Förderpraxis etablieren, die

  1. flexibel ist, sowohl im operativen als auch im Antragsbereich. Sie richtet nach den Entwicklungen der zeitgenössischen Kunstpraxis und Kunstproduktion.

  2. interdisziplinär ausgerichtet ist, d.h. alle Bereiche des künstlerischen Schaffens einschließt und Kooperationen zwischen diesen fördert.

  3. internationale Projekte, insbesondere mit den Grenzregionen Bayerns im Sinne eines grenznahen Kulturaustausches fördert.

  4. die der Versäulung der Kulturpolitik entgegenwirkt, indem sie unabhängig von, fallweise aber auch in Kooperation mit bestehenden Institutionen fördert.

  5. der Kunst auch jenseits des Mainstreams eine Chance gibt.

  6. die sich nicht primär im Sinne eigener Profilbildung agiert, wie die sie zunehmend bei Kulturförderungen von Unternehmensstiftungen der Fall ist, sondern sich als ein bürgerschaftlicher Rahmen der Kulturförderung versteht, also auch Brücken schlägt zwischen kulturinteressierter Bürgerschaft und Künstlerschaft.

Zur Form der Stiftung:

Längerfristiges Ziel dieser Stiftung ist es, sie aus Stiftungskapital zu finanzieren und Zustiftungen von privater Seite zu ermöglichen, also aus Zinserträgen die jährliche Kulturförderung zu bestreiten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings ist eine Förderung aus laufenden Mitteln des Landeshaushaltes schon angesichts extrem niedriger Zinserträge, aber auch angesichts der Tatsache, dass der bayerische Landeshaushalt in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gewaltige Defizite angehäuft hat, vorzuziehen. Auch hier besteht eine Analogie zur Kulturstiftung des Bundes, die ursprünglich mit einen Kapital von 750 Millionen Euro gegründet werden sollte, dann aber auf Wunsch des Finanzministeriums mit meinem Einverständnis auf einen jährlichen Förderbetrag von 38,5 Millionen Euro umgestellt wurde. Die bayerische Förderstiftung sollte über ein Volumen 10 bis 15 Millionen Euro per annum verfügen, um ein entsprechendes Fördergewicht in die Waagschale zu werfen. Dies betrifft allerdings die gesamten Kosten einschließlich Verwaltung und den operativen Bereich der Stiftung, nicht nur die Projektförderung auf Antragsbasis.

Um eine politische Instrumentalisierung der Kulturförderung auszuschließen, wird eine Jury die eingehenden Anträge begutachten und der künstlerischen Leitung Förderempfehlungen unterbreiten. Die Stiftung sollte von einer Doppelspitze einer künstlerischen Direktor/in und einem Verwaltungsdirektor/in geleitet sein. Der Stiftungsrat wird vom zuständigen bayerischen Kunstminister geleitet, ihm gehören je ein Vertreter aller Landtagsfraktionen an und eine gleiche Anzahl externer Persönlichkeiten. Projekte mit einem Fördervolumen von mehr als 200.000 Euro müssen vom Stiftungsrat bewilligt werden. Projekte mit einem geringeren Volumen werden von der künstlerischen Direktion auf der Basis der Jury-Empfehlungen entscheiden.

Die bayerische Kulturstiftung (KSBy) ist durch ein Landeserrichtungsgesetz zu etablieren, in dem der jährliche Förderbetrag dauerhaft festgeschrieben ist.

Fazit: Die Kulturstiftung ist ein neues, gegenüber den bisherigen Formen der Kulturförderung komplementäres, sowohl inhaltlich als auch prozedural innovatives Instrument der Förderung zeitgenössischer Kunst, dessen Konstruktion eine politische Instrumentalisierung der Kulturförderung ausschließt. Die Kulturstiftung wird eine flexible Kulturförderung, unabhängig von bestehenden Institutionen, praktizieren und dabei ein besonderes Augenmerk auf die zeitgenössische Kunstpraxis, auf interdisziplinäre und internationale Projekte legen und Akzente der Kulturförderung unabhängig von den großen Häusern der Kunst und auch außerhalb der bayerischen Metropolen setzen.