Am heutigen Donnerstag stellte das bayerische Innenministerium den Halbjahresbericht des Verfassungsschutzes vor und beklagte eine zunehmende Instrumentalisierung von Corona durch Verschwörungstheoretiker. BayernSPD-Generalsekretär Uli Grötsch und Florian Ritter, Mitglied der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, warnen davor, jetzt nur Bußgelder zu verhängen und stellen klar: „Um wirklich etwas gegen diese Verschwörungstheorien auszurichten, müssen bayerische Sicherheitsbehörden ihren Blick für Netzwerke wie Q-Anon weiten und sie konsequent zum Beobachtungsfall machen.“
Q-Anon, ein immer populärerer Verschwörungskult mit rechten und antisemitischen Ideen, verbreitet sich vor allem über elektronische Medien und teilt die Welt strikt in Gut und Böse ein. „Auch der Attentäter von Halle hing einem ähnlichen Weltbild an und hatte sich in ideologischen Chatrooms radikalisiert. Beispiele wie diese zeigen, wie kurz der Schritt von der Theorie bis zur Tat manchmal ist“, warnt der Bundestags-Innenpolitik-Experte Uli Grötsch, der die Präsenz vieler Q-Anon-Anhänger auf den umstrittenen Corona-Demos wie am Wochenende in Berlin mit großer Sorge betrachtet. „Wenn es zu Angriffen gegen die Presse kommt, oder wie vor wenigen Wochen Figuren wie Attila Hildmann zum indirekten Mord an Politikern aufrufen, zeigt sich das hohe Radikalisierungspotenzial solcher Bewegungen. Sie gehören auf die Beobachtungsliste des Verfassungsschutzes.“
„Es reicht nicht, wie Herr Herrmann die Gefahr einer Unterwanderung der Demokratie durch Verschwörungstheoretiker zu beklagen. Wir sind verwundert, dass, wie eine Anfrage von mir im bayerischen Landtag ergab, weder die Polizei noch der Verfassungsschutz in Bayern Daten zu Q-Anon erfassen geschweige denn das Verschwörungsnetzwerk beobachten“, erklärt Florian Ritter, Rechtsextremismus-Experte der Bayerischen Landtags-SPD. "Deshalb konnten sie mir auch nicht auf meine Fragen antworten, wie die Szene sich in Bayern aufstellt und ob es zentrale Kader und Ideologieverbreiter bei uns gibt."
„Auch die Reichsbürger-Bewegung, ebenfalls mehr ideologisches Netzwerk denn feste Organisation, wurde erst zum Sammelbeobachtungsobjekt, als es zu konkreten Taten kam. Darauf dürfen wir in diesem Fall nicht warten. Die bayerischen Behörden müssen das Radikalisierungspotential, das von ideologischen Netzwerken wie Q-Anon gerade in Corona-Zeiten ausgeht, endlich ernst nehmen", so die BayernSPD-Politiker.